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Nachdenklich bis zum Ende meines Krankenhausaufenthalts Am 14. April wurde ich ein letztes Mal unter Narkose gesetzt und es erfolgte der Sekundärverschluss. Die VAC war weg und die OP-Wunde wurde jetzt von Klammern verschlossen gehalten. Mein hilfreiches Gefährt in Form eines Toilettenstuhls war überflüssig geworden. Jeden Tag spazierte ich nun freihändig auf dem langen Flur herum. Lästig war dabei nur die ständige Verkleidung. Als Keimpatient durfte ich nur mit Kittel und Handschuhe aus dem Zimmer. Die Regeln waren streng, aber nicht eindeutig, so dass auch das Personal sehr unterschiedlich damit umging. Jedenfalls war mir bewusst geworden, wo ich mich hier eigentlich befand. In der Abteilung der Thorax-Chirurgie ist man stets von Krebskranken umgeben. Vor allem der Lungenkrebs sorgt dafür, dass hier der Tod allgegenwärtig ist. So denke ich immer wieder an das seltsame Gefühl an meinem ersten Tag in Dölau, als ich dieses Atmen neben mir hörte. In wieweit betrifft aber mich selbst die Verlegung auf ausgerechnet diese Station? Ahnten vielleicht die Ärzte etwas, woran ich selbst überhaupt nicht gedacht hatte? Bin ich jetzt tatsächlich ganz gesund in diesem Bereich? Während meines gesamten Krankenhausaufenthalts gab es 3 Situationen, wo mir ganz bewusst wurde, wie nah ich dem Tod war. Trotz meiner stark eingeschränkten Beweglichkeit bin ich ihm dreimal von der Schippe gesprungen. Vielleicht war es sogar öfter. Das jedoch wurde mir von den Ärzten bestätigt. Direkt bei meiner Einweisung ins Krankenhaus stellte man die Lungenentzündung mit der Blutvergiftung fest. Das war knapp, daher nicht umsonst Intensivstation. Das Fieber wollte nicht vollständig verschwinden. Trotz der Einnahme eines fiebersenkenden Mittels stieg es eines Abends weiter auf 40°C. Alarm! Die 3. kritische Situation war dann in Dölau. Nach meiner Operation teilte mir der Arzt mit, wie dringend diese OP war und dass man nicht mehr viel länger hätte damit warten dürfen. Zu keinem dieser Zeitpunkte fürchtete ich den Tod und nie war mir klar, dass mir ein endgültiges Ende bevorstehen könnte. Wenn ich dachte, ich könnte ganz gesund über Stock und Stein springen, sobald der Tag meiner Krankenhausentlassung gekommen war, hatte ich mich geirrt. Es war der 21. April. Ein letztes Mal wecken, waschen, Visite. Ich packte meine Sachen und zog nach langer Zeit wieder normale Straßenkleidung an. Von den Schwestern und Ärzten, die mir begegneten, verabschiedete ich mich freundlich. Das Verhalten einer Schwester verstand ich jedoch nicht. Als ich hierherkam, machte sie mich sehr unglücklich und ich nannte sie darum „Drachen“. Später verstanden wir uns zunehmend besser. An diesem letzten Tag nun betrat sie plötzlich wort- und grußlos das Zimmer, drehte mir den Rücken zu und stellte das Tablett mit dem Frühstück auf dem Tisch ab, um den Raum ganz schnell wieder zu verlassen. Nanu? Was war jetzt eigentlich aus meinem Keim geworden? Bis gestern galt noch Handschuh- und Kittelpflicht. Heute scherte sich niemand mehr darum. Der Vormittag verging heute besonders schnell. Ich schaffte es gerade so mich fertig anzukleiden. Klaus hatte Frühschicht und konnte mich nicht abholen. Mir war völlig unklar, wie ich direkt nach Hause kommen sollte, waren da doch auch ein paar Treppenstufen, die es zu bewältigen galt. Ich ließ alles auf mich zukommen und es funktionierte letztendlich besser, als ich dachte. Bei herrlichstem Frühlingswetter wurde ich durch die Stadt gefahren. Der Himmel war wolkenlos und strahlend blau. Überall grünte und blühte es, als wollte mich die Natur willkommen heißen. Ilona wieder im zurück im Leben. In einem besonderen Stuhl wurde ich dann hinaufgetragen. Und da war ich also wieder zu Hause. Was für ein Gefühl! Vertraut und ein wenig fremd zugleich. Es würde eine Weile dauern, bis ich mich im Alltag einigermaßen zurechtfand.
Krankenhaus Halle-Dölau Anfang der Sechziger Martha Maria mit Teich, wie es heute aussieht alte Postkarte Krankenhaus Halle-Dölau Anfang der Fünfziger
Waldkrankenhaus Halle-Dölau Anfang der 50er Jahre
Waldkrankenhaus Halle-Dölau Anfang der 60er Jahre
Heute hat das “Martha-Maria” sogar einen Teich