zuletzt aktualisiert 2020
Verlassen wir nun die Moritzburg und wenden wir uns dem
Universitätsring zu. Dabei kommen wir am einst besten und
schönsten Lichtspieltheater, dem „Urania 70“ vorbei. Jahrelang
war es nach der Wende dem Verfall preisgegeben. Inzwischen
hat sich ein Club “Flower Power” etabliert. Das “Urania” liegt an
der Ecke zur kleinen Ulrichstraße, die sich mehr und mehr zu
einem Schmuckkästchen entwickelt. Das wohl schönste
Jugendstilhaus der Stadt befindet sich an der Ecke Große
Ulrichstraße. Bemerkenswert sind die riesige Fensterfront und
die Giebelmosaike mit den 12 Tierkreiszeichen. Das Haus
beherbergte ein Feinkostgeschäft, ein Tanzcafé und seit 1957 den
ersten HO-Selbstbedienungsladen der Stadt Halle. Nach der
Wende gab es verschiedene Nutzer, doch keiner hat es dort lange
ausgehalten.
Mit dem Überqueren der Kreuzung sind wir jetzt am Universitätsring angelangt. Eine relativ breite Straße
von alten Bäumen gesäumt führt leicht bergauf. Einige bemerkenswerte Gebäude der Gründerzeit stehen
jetzt, wo vor knapp 200 Jahren noch die Stadtmauer verlief. Besonders auffällig ist das Bankgebäude.
Schauen Sie hinauf und betrachten Sie die Details! Der grüne Verkehrsweg führt uns vorbei am Robert-
Franz-Denkmal. Es ist dem großen halleschen Komponisten gewidmet, der hier 1815 bis 1892 lebte. Robert
Franz wirkte als Organist in der Ulrichskirche, war Leiter der (heute noch bestehenden) Singakademie und
wurde schließlich zum Universitätsdirektor ernannt.
Nur einige Schritte weiter finden wir ein interessantes Monument, dessen
Bedeutung vielen unklar ist Es handelt sich um eine freistehende Plastik aus dem
Jahr 1455. Heute nennt man sie „Betsäule“. Todgeweihte sollen vor ihr gehalten
haben, um neue Kraft und Trost zu finden. Besondere Bedeutung galt der Säule
während der beiden großen Pestwellen, die Halle in den Jahren 1449 und 1452
heimsuchten. Ihren Standort hat die Plastik mehrmals geändert. Ursprünglich war sie auf einer alten
Richtstätte vor dem Galgentor aufgestellt. Das war im Bereich des heutigen Riebeckplatz. Weil in
Bahnhofsnähe eine Ladenstraße gebaut werden sollte, setzten die Stadtväter 1928 die Betsäule zum
Franckeplatz um. Hier musste sie 1970 der neuen Hochstraße weichen und fand schließlich ihren Platz am
Universitätsing.
Über die ganze Stadt verteilt finden wir die markanten grünen Schilder an den unterschiedlichsten Gebäuden, die auf Einrichtungen
der Martin-Luther-Universität hinweisen. Das Herz der Universität schlägt jedoch im umfangreichen Komplex des
Universitätsplatzes.
Dass man mit den alten Mönchen nicht zimperlich umging, haben wir bereits am Beispiel Dom erfahren. Auch hier lebten einst
Mönche in einem mittelalterlichen Franziskanerkloster. Nach der Reformation, Mitte des 16. Jahrhunderts, wurde das in ein
Stadtgymnasium umgewandelt. Etwa 500 Knaben lernten hier, unter ihnen auch Georg Friedrich Händel. 1813 wurden an gleicher
Stelle verwundete Soldaten untergebracht, die bei der Völkerschlacht gekämpft hatten. Anschließend zog ein Schauspieltheater
unter Leitung von Johann Christian Reil in die Klosterkirche. 1828 erwarb schließlich der preußische Staat das ganze Objekt, um
eine Universität zu bauen. Seit 1694 bestand bereits die Universität, doch fand der Lehrbetrieb in den Wohnungen der Professoren
statt. Man stelle sich das heute vor! Die Studenten eilten also innerhalb der Stadt von Wohnung zu Wohnung. Lediglich die
Bibliothek und das Auditorium maximum fand man im Waagegebäude am Markt. Der Grundstein für das Hauptgebäude der Alma
Mater Hallensis wurde am 3. August 1832 gelegt. Die beiden gusseisernen Löwen am Eingang waren ein Geschenk der Stadt Halle.
Zuvor zierten sie den Brunnen auf dem Marktplatz. War Heinrich Heine ein Zyniker, oder mochte er die Stadt Halle einfach nicht?
1824 sagte er spöttisch:
„Zu Halle auf dem Markte,
Da stehen zwei große Löwen,
Ei, du hallischer Löwentrotz,
Wie hat man dich gezähmt!“
Nun ja, was immer sich Heinrich Heine dachte, heute ist der Universitätsplatz sehr
repräsentativ. Das „Löwengebäude“ mit der Aula kennt sicher jeder Hallenser. Bei
Namen wie „Melanchthonianum“, „Thomasianum“ oder „Robertinum“ schlägt die
Phantasie mancher Leute Purzelbäume. Vor einigen Jahren hat der Platz sein Gesicht
nochmals stark verändert. Ein markanter Neubau kam hinzu und eine nicht geringe
Anzahl von teilweise seltenen Bäumen mußte einer großen Freitreppe und einem
gepflasterten Platz weichen. Alle Proteste nützen nichts. Trotzdem ist eine
Besichtigung der Anlage unbedingt empfehlenswert. Ein Besuch des Archäologischen
Museums im Robertinum könnte krönender Abschluss für den Bummel über den
Universitätskomplex sein.