Schließlich stand sie vor uns; die majestätische
Burg Querfurt. Aus allen Richtungen strömten die
Menschen herbei. Es begann bereits zu dämmern und
allmählich wirkte auch die bunte Beleuchtung. Musik
wurde immer lauter. Leider war es nicht unbedingt diese
Art Musik, die ich bei einem Mittelalterspektakel gewöhnt
war, auch keine Weihnachtsmusik, aber der Lärm, den die
vielen Menschen verursachten, schluckte die Klänge sowieso
und wehte nur Liederfetzen herüber. Der vertraute Duft von
Räucherkerzen kitzelte in der Nase und vermische sich mit dem
Duft von Lebkuchen und Stollen. Nur
ein Stück weiter wurden Eierkuchen
gebacken. Dann konnte man sich mit
Langos den Bauch vollschlagen oder vom
Spanferkel am Spieß kosten. Es gab auch gebratene Champignons und kandierte Äpfel. Und
überall schlug einem das würzige Aroma von Glühwein entgegen. Ein sehr dominanter
Geruch war auch der von offenem Feuer. An vielen Stellen waren Metallkörbe aufgestellt, in
denen ein munteres Feuerchen flackerte. Nicht ganz ungefährlich in Anbetracht der vielen
Besucher. Trotzdem; ein Fest der Sinne. Auch die Augen hatten viel zu tun. Alles war so
bunt und lebhaft. Hier ein Schmied, dort ein Glasbläser, ein Holzschnitzer stellte Figuren her
und ältere gewandete Frauen saßen am Spinnrad. Die Türen vieler Räume der Burg standen
offen. Dort konnte gegessen und getrunken werden. Es wurde aber auch viel Kunsthandwerk
angeboten. Auf der Hangwiese vor dem Burgfried kämpften zwei „Ritter“ miteinander,
während ein Dritter - typisch mittelalterlich - die Szene mit seinem iPhone filmte. An der
Seite stand eine Kutsche mit zwei Pferden, und wer kam da? Der Weihnachtsmann.
Unebener Boden, grobes Kopfsteinpflaster machten das Laufen nicht einfach. Auch wenn es so viel schöner ausgesehen
hätte, konnten wir froh sein, dass es keinen Schnee und kein Eis gab. Zudem wurde es nun immer dunkler und ständig
strömten mehr Menschen auf das Burggelände. Viele Familien mit kleinen Kindern kamen, um diese besondere
Atmosphäre zu genießen. Irgendwann wurden wir nur noch durch die Menschenmassen geschoben. Einfach nur
stehenbleiben und schauen, vielleicht irgendwo in Ruhe etwas essen; das war nicht möglich. Zu viele Menschen drängten,
drückten, trieben, schubsten, pressten und pferchten sich auf dem nun viel zu klein gewordenen Gelände. Von
Beschaulichkeit und Romantik konnte keine Rede mehr sein. Wir traten den Rückzug an. Jenseits der Burgmauern löste
sich das Menschenknäul ganz schnell auf. Im Nu gelangten wir in stille, menschenleere Straßen. Bisher hatten wir Querfurt
lediglich bei Tageslicht besucht. In der Dunkelheit wirkte alles ganz anders. Und so irrten wir lange in den fremden
Straßen herum auf der Suche nach unserem Auto. Irgendwann fanden wir es schließlich. Es stand nun nicht mehr allein,
sondern auf einem dicht gefüllten Parkplatz und ein Fahrzeug wartete bereits, um unseren Platz einzunehmen. Der
Heimweg verlief dann sehr ruhig. Wir hingen unseren Gedanken nach. Unsere Kleidung verströmte in dem engen
Fahrzeugraum den Geruch vom Qualm des offenen Feuers. Ach, wäre es doch nur nicht ganz so voll
geworden. Einen Weihnachtsmarkt wie diesen haben wir zuvor nie erlebt. Dieser Weihnachtszauber auf der
Burg Querfurt wird uns in guter Erinnerung bleiben. Einen wiederholten Besuch wird es aber
wahrscheinlich nicht geben. Wir haben viele wunderbare Eindrücke in uns aufgenommen. Jetzt kann
Weihnachten kommen.