© Stadt Halle (Saale)
zuletzt aktualisiert 2020
Unweit des Zoos, am Fuße des
Reilsberges, schlummert ein fast
vergessenes Kleinod; das Bad
Wittekind. Was war es doch für eine
Pracht, als Kurgäste aus ganz Europa
kamen. Es hatte sich in der feinen Gesellschaft herumgesprochen, dass sich in Halle eine
kleine Berühmtheit befindet: ein Solbad! Bei seiner Eröffnung um 1846 lag es noch recht
weit entfernt von der eigentlichen Stadt, eingebettet in eine Landschaft aus
Porphyrfelsen und Weinbergen, unmittelbar angrenzend an den "Garten der Romantik"
(heute einfach nur „Reichardts Garten“) des Dichters und Komponisten Johann
Friedrich Reichardt. Man sieht sie fast vor sich; die feinen Damen in ihren eleganten
langen Kleidern und den großen Hüten, die Herrn, in ihren dunklen Fracks und den
Zylindern auf dem Kopf; wie sie da promenieren, um zu sehen und gesehen zu
werden, und um so ganz nebenbei zu genesen. Rund um die nach
Jahrhunderten wiederentdeckte heilkräftige Solquelle wohnte man in Häusern im sogenannten
Schweizerhausstil. Eine Renaissance erlebte das Bad Wittekind zwischen 1923 und 1925 als die
halbkreisförmige symmetrische Anlage mit Seitenflügeln und Kopfbauten errichtet wurde, was dem
Bad eine noch elegantere Note verlieh. Teile der Badanlage wurden noch bis 1992 genutzt, verfielen
dann aber rasch. Heute bietet die Anlage einen traurigen Anblick. Man ahnt nur noch den einstigen
Glanz, kann sich jedoch gefangen nehmen lassen von der morbiden Schönheit. Schließt man für einen
Moment die Augen, so meint man das Tuscheln der feinen Herrschaften zu hören, ebenso das Rascheln
ihrer Kleider, das Plätschern des Salzbrunnens und in der Ferne die Geigen des Kurorchesters. Noch
heute vermag ein Spaziergang durch diese einzigartige Gegend zwischen Saale, Klausbergen, der Burg
Giebichenstein und dem Bergzoo Hallenser wie auch Besucher der Saalestadt zu verzaubern. Die Stille
und Abgeschiedenheit inmitten der Großstadt, die diesen Ort immer noch prägt, lässt ihn als geradezu
ideal erscheinen für einen Platz, an dem Heilung und Linderung, Orientierung und Sinnfindung
geschehen sollen.
Solbad Wittekind
1914
Solbad Wittekind 1924
Traurige Überbleibsel längst vergangener Pracht
Nun habe ich bereits einige Orte genannt, auf die ich aber später noch eingehen werde. Zunächst müssen wir noch einmal ein
Stück südwärts gehen. Die Galopprennbahn ist eine ziemlich wichtige Institution in Halle. Zwischen dem Dörfchen Passendorf
und der Stadt wurde 1913 eine Pferderennbahn angelegt. Dass die Wahl dieses Ortes nicht sehr glücklich war, zeigte sich
schnell. Es kam regelmäßig zu Überschwemmungen und nicht selten mussten die wertvollen Reitpferde evakuiert werden.
Die etwa ein Kilometer lange Burgstraße ist nicht eben die schönste Straße Halles, aber doch ein spannendes Pflaster für
Geschichte und Geschichten. Hier zogen die Hallenser und Studenten zu den großen Vergnügungsgärten Giebichensteins. Die
Straße nimmt ihren Anfang an der Kreuzung Mühlweg, Neuwerk, Am Kirchtor, Steinmühle. Dort steht eine markante Villa, die
als Kulisse für einen DEFA-Spielfilm bekannt geworden ist. 1961 wurde dort das berühmteste Werk von Friedrich Wolf verfilmt
„Professor Mamlock“. Darin geht es um einen jüdischen Arzt. Buch und Film wurden in den Lehrplan der Schulen der DDR
aufgenommen. Die Villa wird seither das „Mamlockhaus“ genannt.
Villa am Kirchtor
Mamlockhaus