zuletzt aktualisiert 2020
So nah der Moritzburg … da wird doch wieder eine ganz bestimmte Person die Hand im Spiel gehabt haben … natürlich! Kardinal Albrecht. Wo einst blühende Gärten von den Brüdern des Klosters Neuwerk bewirtschaftet wurden, ließ Albrecht eine Schanze zum Schutz des nördlichen Bereiches seiner Moritzburg aufwerfen. Nach einem großen Burgbrand verlor diese an Bedeutung. Es wurde ein Jagdhaus errichtet. Seitdem nannte man das Gebiet „Jägerberg“. Doch auch das Jagdgebiet hatte nicht lange Bestand. Eine Textilmanufaktur entstand. 1792 erwarb die Freimaurerloge „Zu den 3 Degen“ das Gelände. Zwischen 1868 und 1888 wurde der Logenpalast errichtet, den wir heute sehen. Über 100 Jahre wurde das Gebäude für ihre Logentätigkeit genutzt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde hier die Stadtkommandantur der Roten Armee untergebracht, die es vorwiegend als Kulturhaus nutzte. 1952, als die Martin-Luther-Universität das Haus übernahm, wurde es nach dem russischen Revolutionär Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski benannt. In der DDR wurden die Säle für wichtige Veranstaltungen, wie z.B. Jugendweihen genutzt. Ich erinnere mich an eine Auszeichnung während meiner Lehrzeit. So durfte ich an einem „Teeabend am Samowar“ mit russischen Komsomolzen teilnehmen. An diesem Abend lernte ich das Haus von innen kennen, aber eine Freude war es nicht. Ich habe mich zu Tode gelangweilt. Damals hatte ich noch kein Auge für besondere Architektur, über die geheimnisvollen Freimaurer wusste ich nichts und ein großer Teefreund war ich noch nie.
2009 wurde das ehemalige Tschernyschewskihaus an die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina übertragen. 3 Jahre später war eine umfangreiche Sanierung nach allen Auflagen des Denkmalschutzes abgeschlossen. Und so thront jetzt ein wundervolles Gebäude in strahlendem Weiß über der Moritzburg.
Welche Stadt in Deutschland kann schon auf zwei Burgen innerhalb des Stadtgebietes verweisen? Halle! Wir haben die Moritzburg und die Burg Giebichenstein. Der kastellartige Bau der Moritzburg liegt zwischen Friedemann-Bach-Platz und dem Steilufer der Saale. Halle rang um Autonomie, die Pfänner und Bürgerschaft stritten um die Vorherrschaft im halleschen Rathaus. Es brodelte. 1478 machte Erzbischof Ernst dem ein Ende indem er die Pfänner entmachtete und der Stadt die Selbständigkeit nahm. Nicht zum Schutz der Stadt, als vielmehr zum Zeichen seiner Macht und der genommenen Freiheit der Bürger ließ er 1484 den Grundstein für eine Burg legen. Sie war dem fränkischen Schutzheiligen Moritz geweiht und schließlich komplett aus Naturstein gebaut. 1503 bezog der Erzbischof die Räume und starb 10 Jahre später. Sein Nachfolger war … na, wer schon? Kardinal Albrecht. Wahrscheinlich gab es da erstmal ein Aufatmen, denn Albrecht war der Stadt weit freundlicher gesonnen. Sogleich wurden von ihm zahlreiche Veränderungen vorgenommen. So verlegte er den Eingang von Norden auf die Ostseite, ließ einen neuen Torturm errichten und schuf hier nun sein „Neues Stift“ als katholische Bildungsstätte. Auch legte er mehr Wert auf die Funktion als Verteidigungsanlage. 1637 brach ein großes Feuer aus, verursacht durch die Fahrlässigkeit sächsischer Soldaten. Somit war die Burg als Wehranlage unbrauchbar geworden. Mit der Sprengung eines Turmes, der als Pulvermagazin diente, verwandelten schwedische Militärs die Burg 1639 ganz und gar in eine Ruine. Etwa 40 Jahre blieb alles unverändert, bis eine Münzstätte einzog. Nach dem Anschluss Halles an die Kur Brandenburg gab es auch wieder Soldaten in den alten Mauern. Die französisch - reformierte Gemeinde nahm später Besitz von der lange leer stehenden Magdalenenkapelle. Als 1852 die Moritzburg preußischer Staatsbesitz wurde, richtete die Universität im ehemaligen Fechtsaal eine Turnhalle ein. In der Zeit von 1901 bis 1904 entstand in der Südwestecke der Burg das 1882 am Hallmarkt abgerissene Talamt neu. Dabei wurde auch das Hochzeits- und Gerichtszimmer der Halloren zum Teil im Original wieder aufgebaut. Die gesamte Südhälfte der Moritzburg wurde zum Museumskomplex. Die Galerie Moritzburg verfügt heute über eine einzigartige Kunstsammlung vor allem expressionistischer Maler. Lyonel Feininger hatte im Torturm sogar ein eigenes Atelier, wo seine berühmten Halle–Ansichten entstanden. Nach dem 2. Weltkrieg war die Galerie Moritzburg eine der ersten Kunstmuseen, die wiedereröffnet wurden. Sie war auch das Zuhause des bekanntesten Kabaretts der Stadt, „Die Kiebitzensteiner“. Von einer kleinen Bühne übertrug das DDR-Fernsehen regelmäßige zeitgenössische Stücke mit bekannten DDR-Schauspielern. Auf dem Burghof fanden im Sommer zahlreiche Konzerte statt. Wies das Fernsehprogramm am Samstagabend auf die „Burgparty“, bedeutete das, im Burghof der Moritzburg Halle trafen sich viele internationale Unterhaltungskünstler; und nur ein kleiner exquisiter Kreis „Normalsterblicher“ kam auf abenteuerliche Weise zu Eintrittskarten, um der Veranstaltung live beizuwohnen. Auch heute noch ist die Moritzburg ein Zentrum von Kunst und Kultur in Halle … nur ist es ein wenig                                              ruhiger geworden.