zuletzt aktualisiert 2020
Der westliche Ausgang des Alten Marktes wird von der Moritzkirche flankiert. Die eindrucksvolle spätgotische Pfarrkirche ist
die älteste erhaltene der halleschen Altstadt. Sie ist die Kirche der Salzsieder. Kurioserweise handelt es sich hier wieder um
einen sakralen Bau ohne Kirchturm. Ursprünglich waren sogar zwei vorgesehen, doch nur einer wurde gebaut. Aufgrund
falscher statischer Berechnungen neigte dieser sich jedoch so stark, dass er eines Tages in einen Saalearm stürzte.
Namenspatron war der heilige St. Moritz (Mauritius), dem Conrad von Einbeck eine Plastik widmete. Im Kircheninneren steht
nun diese Figur mit Schwert und Dolch. Der umgeschnallte Gürtel ist mit zahlreichen Schellen besetzt. Auf den heiligen
Mauritius bezieht sich die Sage vom Schellenmoritz.
Schellenmoritz
Der berühmte Steinmetz Conrad von Einbeck schuf ein auffälliges
Standbild in der Moritzkirche. Es stellt einen grimmigen Gesellen in
Ritterkleidung dar, um dessen Hüften sich ein Schellengürtel spannt.
Dieser „Schellenmoritz“ war der Erbauer der Kirche. Er galt als
besonders jähzornig und streitsüchtig. So kam es, dass er eines Tages
in eine fürchterliche Auseinandersetzung mit einem Geistlichen geriet.
Ein Wort gab das andere und es kam zu Handgreiflichkeiten, die damit
endeten, dass der Geistliche aus dem Fenster gestoßen wurde und zu
Tode kam. So weit sollte es nicht kommen. Moritz eilte zum Prior auf
den Petersberg. Dieser riet ihm angesichts einer so schweren Sünde
eine Kirche zu bauen. Moritz fürchtete um sein Seelenheil und begann
unverzüglich mit dem Bau. Er hatte es ja besonders eilig und so trieb
er die Arbeiter an. Das geschah im Übermaß. Kam er auf die
Baustelle und erwischte einen Arbeiter, der seiner Ansicht nach nicht
fleißig genug war, oder sich gerade eine kleine Pause gönnte, schlug er
unbarmherzig zu. Nicht wenige Bauleute verloren so ihr Leben. Der
cholerische Moritz muss wohl mit niemandem und nicht einmal mit
sich selbst zufrieden gewesen sein. Eigentlich wollte er ja gar nicht
morden. So ließ er sich einen Gürtel mit Schellen nähen. Von diesem
Tag an hörten ihn die Arbeiter rechtzeitig nahen. Die Warnung ließ sie
sofort aufspringen und fleißig arbeiten, wenn der Bauherr kam.
Durch die Hand des Schellenmoritz musste seither niemand mehr sein
Leben lassen.